Nachfolgend ein Bericht von Mitglied Robin Böddicker. Viel Spaß beim lesen!:
Vor ca. drei Monaten begann für mich die „Operation Zephyr 2022“ und damit eine spannende Zeit und eine Erfahrung die ich in meinem Leben nicht vergessen werde.
Alles nahm seinen Anfang mit einer IPA- News Mail von Harald Reineking. Betreff: IPA sucht Fahrer für eine Fahrt nach Gambia.
Anbei befand sich ein Flyer in welchem ganz kurz erklärt wurde, worum es bei der Op-Zephyr gehen soll.
„Die britische Sektion der International Police Association [IPA] organisiert mit ihren Freunden eine Hilfsmission für Gambia. Hierbei sollen circa 30 Krankenwagen auf dem Landweg per Konvoi in das Land gebracht und an die dortigen Krankenhäuser gespendet werden.“
Als langjähriges IPA-Mitglied habe ich auf so eine Anfrage immer gewartet und war sofort neugierig.
Das Motto der IPA: „Servo per Amikeco“ (Dienen durch Freundschaft) konnte nun auch für mich in die Tat umgesetzt werden.
Ich habe dann den britischen Organisatoren eine E-Mail geschrieben und bin auch mit der IPA Lippe und IPA Deutschland in Kontakt getreten. Nach einigen Mails und Telefonaten stand für mich fest, ich möchte die Operation unterstützen.
Für mich galt es nun Urlaubstage zu verschieben, Sonderurlaub zu beantragen und vor allem Spenden zu generieren. Jeder Teilnehmer verpflichtete sich rund 3.000€ aufzubringen. Entweder durch Spenden oder aus eigener Tasche. Das Geld diente der Finanzierung der Operation für Fahrzeugankauf, Kraftstoff, Reparaturen, Visum, Überführungskosten und der weiteren Logistik. Für all diese Aufgaben blieben mir nunmehr knapp 2,5 Monat.
Der Sonderurlaub wurde mit der Unterstützung meiner Vorgesetzten und der Abteilungsleitung befürwortet und genehmigt. Die 5 Tage Sonderurlaub konnten es mir dann ermöglichen die feste Zusage für das Projekt zu geben.
Meine umfangreichen Bemühungen bei allen Hilfsorganisationen, Krankenfahrdiensten, den Feuerwehren und sogar der Bundeswehr etwaige Fahrzeuge zu organisieren, blieb aufgrund der Ukraine Krise leider erfolglos. Es war für mich unmöglich einen Rettungswagen zu organisieren, da bereits in den vergangenen Monaten alle zur Verfügung stehenden Fahrzeuge an die Ukraine gespendet wurden.
Durch die wahnsinnige Unterstützung von Freund*innen, Bekannten, Familie und Kolleg*innen auf meiner „GoFundMe“-Spendenkampagne und durch die Zuschüsse der IPA, konnte ich auch die Finanzierung des Projektes stemmen. Auch hier erneut ein riesengroßes Dankeschön für alle Spenden und die finanzielle Unterstützung!
Jetzt musste ich mich noch um diverse Impfen sowie die Malariaprophylaxe kümmern und es konnte quasi losgehen.
Im Vorhinein gab es Videomeetings und einiges an organisatorischen Dingen zu erledigen. Da die Planung so kurz vor dem Start, nunmehr eigentlich in der finalen Phase stecken sollte, so dachte ich, war ich sehr verwundert, dass die Sachlage und der genaue Ablauf noch unklar waren. Zumindest für einige von uns.
Ich habe immer wieder besorgte Anrufe aus der Gruppe erhalten, welche viele Fragezeichen aufwarfen und irgendwie beschlich uns das Gefühl, das ganze wird nun doch ein Abenteuer. „Naja, wird schon werden, richtig!?“
Irgendwann wurde ich dazu auserkoren die Routenplanung für die deutsche Etappe zu übernehmen, von der Abfahrt, bis zum Treffpunkt des Gesamtkonvois in Algericas. Viel Zeit blieb nicht und auch die Reisezeit war auf Grund der Unterschiedlichen Dienstzeiten und Urlaubsplanungen der deutschen Teilnehmerschaft sehr begrenzt. Erfahrungen hatte ich natürlich keine, aber durch die Unterstützung des Teams gab es dann auch eine Routenplanung.
Das große Durcheinander und die Ungewissheit wurden auch kurz vor der Abreise nicht deutlich besser. Von britischer Seite aus hieß es immer, die Rückflüge würden für das gesamte Team organisiert werden. Auf meine kurze Rückfrage bekamen wir dann knapp eineinhalb Wochen vor der Abreise die Antwort, für das gesamte deutsche Team wurden keine Flüge gebucht. Dies solle nun eigenverantwortlich geschehen. „Klasse, aber nun gut. Wer zurück will muss sich dann mal auf die Suche nach einem bezahlbaren Rückflug machen.“
Für mich begann die Reise am 13.09. Ich habe mich vom schönen Lippe auf die erste Etappe nach Bonn begeben, um dort den letzten Tag vor der Abreise bei meiner Freundin zu verbringen und die Strecke am Abreisetag nach Karlsruhe zu verkürzen.
Am 14.09. ging es dann richtig los. Für mich war der Treffpunkt der 297 km entfernte Flughafen Karlsruhe/ Baden-Baden. Dort habe ich meinen Pkw abgestellt und wurde durch Heiko und Heike in unserem Krankenwagen abgeholt. Zusammen setzten wir die Fahrt nach Besancon in Frankreich fort (282 km). Dort trafen wir zusammen mit dem zweiten deutschen Krankenwagen ein. Die andere Hälfte des deutschen Teams durfte leider noch eine Nacht in Deutschland improvisieren und blieb hinter uns zurück, da diese leider den halben Tag in einer Vollsperrung auf der Autobahn verbringen durften.
Nach dem Kennenlernen am ersten Abend und dem gemeinsamen Frühstück am Morgen ging es dann mit den zwei Fahrzeugen weiter, in das 893 km entfernte Barcelona. Dort wurden wir von der Nachtschicht der Bombers Barcelona, auf der Feuerwache im Hafengebiet, empfangen. Die Gastfreundschaft war hervorragend. Es wurden noch schnell Betten in das Ausbildungsgebäude getragen, wir haben gemeinsam Pizza bestellt und eine Führung über das Gelände erhalten. Nach der langen und Anstrengenden Fahrt haben wir uns sehr über die Annehmlichkeiten gefreut und wussten noch gar nicht, dass das für die meisten von uns vorerst die letzte Nacht in einem Bett werden sollte.
Das Ziel des nächsten Tages war es eine Polizeistation im spanischen Murcia zu erreichen. 585 km später wurden wir an der Stadtgrenze von den Kollegen der Motorradstaffel in Empfang genommen und zur Wache eskortiert. Dort wartete auch schon die zweite Hälfte des deutschen Konvois. Auch hier war der Empfang herzlich. Interessiert konnten wir der Führung über das Wachgelände und durch das hauseigene Polizeimuseum lauschen. Für die Nacht durften wir es unser Lager auf dem Boden der Sporthalle einrichten und anschließend ein Dinner in bester Restaurantqualität, in der Kantine genießen. Bei einem Bier lernten wir nun auch den Rest des deutschen Teams kennen und übergaben den spanischen Kollegen unsere Gastgeschenke.
Gemeinsam ging dann die letzte Etappe auf europäischem Boden, über 536 km, nach Algericas (Spanien). Dort konnten wir einen Abend am Strand und bei einem gemeinsamen Essen in einem Restaurant verbringen, bevor wir uns zum Sammelpunkt am Hafen begaben. Wir schlugen unser „Nachtlager“ auf dem belebten Hafenparkplatz zwischen den Fahrzeugen auf und knüpften die ersten Kontakte mit dem britischen Team. Die bevorstehende „Nacht“ war eher ein kurzes Nickerchen, da wir um 04:30 Uhr aufstehen und packen mussten. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch keiner, dass das der Anfang der Story „Gas stations and parking lots“ war.
Wir verabschiedeten uns von Europa, dem Daten-Roaming und dem Kontakt zur Heimat, fuhren mit unseren 18 Fahrzeugen und den insgesamt 56 Teilnehmer*innen auf die Fähre und waren nun richtig Teil der Op-Zephyr. Das Team bestand aus zwölf Deutschen, 41 aus Great Britain und drei Katalanen. Zusammen waren es überwiegend Polizist*innen und „Paramedics“ sowie zwei Mechaniker, davon alle, für die es möglich ist, Mitglieder in der IPA.
Auf der Fähre gab es dann Einreisepapiere, Passkontrolle und das erste gemeinsame Briefing. Kaffee, Gummibären und Müsliriegel später, kamen wir in Tanger an. Tanger Med ist der für den Handel wichtigste Seehafen Marokkos und was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, bis auf weiteres, unser neues Zuhause.
Nachdem wir, gegen 08:30 Uhr, mit dem Konvoi das Schiff verlassen hatten wurden wir auf einen Parkplatz gelotst. Dort haben wir dann erstmal gewartet, und gewartet, und gewartet. Den gesamten Vormittag passierte nichts. Die Organisatoren hatten versucht die Gründe zu erfragen und in Erfahrung zu bringen, wann und wie wir unsere Fahrt antreten können.
Um ca. 13:00 Uhr fuhr dann ein Bus am Parkplatz vor, die Konversation war kurz und beunruhigend. Sinngemäß:
„Steigt mal in den Bus.“
„Warum?“
„Der bringt euch zum Bahnhof.“
„Was sollen wir am Bahnhof?“
„Keine Ahnung, steigt ein.“
„Nein, warum?“
„Okay, dann nicht.“
Daraufhin fuhr der Bus wieder und die Verwirrung auf unserer Seite wuchs. Als der Bus dann etwa eine Stunde Später erneut kam und der Fahrer uns sagte, wir sollten alle einsteigen und in ein Hotel fahren, wurde uns langsam klar, hier stimmt etwas nicht. Uns war auch klar, wir bleiben zusammen und bei unseren Fahrzeugen.
Bis 16:00 Uhr saßen wir auf den abfahrbereiten Autos und warteten vor uns hin. Bis es dann doch weiter ging. Wir wurden vom Parkplatz durch eine Schranke eskortiert und standen anschließend vor der letzten Schranke des Zolls in einer Reihe und durften dort erneut warten, diskutieren und noch mehr warten. Die Zöllner präsentierten diverse und immer unterschiedliche Gründe dem Konvoi das Verlassen des Hafengeländes zu verwehren. Teilweise nur 3h geschlafen, kaum bis gar nicht gegessen und genervt. Das war für viele das Stimmungsbild.
Gespräche, Erklärungen, neue Gründe, Erklärungen und neue Gründe. Währenddessen Telefonate, Botschaften, Diplomatie, Politik und hin und her.
Fakt war am Ende des Tages, wir wurden gegen 19:45 Uhr zurück auf den Parkplatz gelotst und durften das Gelände mit den Fahrzeugen nicht verlassen.
Die Stimmung war entsprechend schlecht, doch wir blieben, und das war bemerkenswert für die gesamte Operation, größtenteils „optimistisch“. Wir improvisierten Schlafstätten, fingen an zu kochen und begannen uns von der zehrenden Warterei zu erholen.
Ich schlief mit meinem Schlafsack unter einem sichergestellten Lkw-Auflieger, einige in den Fahrzeugen oder wagten den Versuch ihr Zelt auf dem windigen Parkplatz aufzustellen. Heringe und Asphalt waren dabei aber ein schwieriges Unterfangen. Praktisch an so einem Containerhafen ist natürlich die vorzügliche Beleuchtung mit Straßenlaternen, zu jeder Zeit.
Home sweet home.
Um das Tanger Fiasko abzukürzen sei gesagt, der Parkplatz durfte auch für die nächsten zwei Tage unser Zuhause bleiben. Die Behörden regten sich langsam. Wir waren jeden Tag früh wach und haben darauf gewartet, jemanden von offizieller Stelle zu erreichen. Die Fahrzeuge waren zu jedem Zeitpunkt abfahrbereit, wir ebenfalls. Das bedeutete, wir haben uns den dreckigen Parkplatz nicht heimisch eingerichtet sondern suchten Schatten hinter unseren Fahrzeugen und harrten aus. Zwischendurch mussten wir alle Güter ausladen, Listen schreiben, einladen, die Fahrzeuge röntgen lassen, erneut ausladen, neue Listen schreiben, einladen, überprüfen lassen und das alles, um zu erfahren, dass wir am zweiten Tag ebenfalls nicht fahren dürfen. Auch am dritten Tag gab es immer wieder neue Infos, neues Hoffen und neue Diskussionen. Letztendlich mussten wir alle Hilfsgüter, abgesehen von unserer persönlichen Ausstattung abladen, inventarisieren und schätzen lassen. Danach wurden die Hilfsgüter, darunter Medizinische Güter, Verbände, Feuerwehruniformen, Rettungswesten, Sauerstoffflaschen, FFP2 Masken, Gummihandschuhe, medizinische Geräte, ein Transportinkubator und so viel mehr in ein Haus gebracht und mussten in Marokko bleiben.
Die Mission stand auf der Kippe und es wurde klar, dass die Organisatoren auf britischer Seite viele Versäumnisse einräumen mussten. Die schlechte Vorbereitung war, gepaart mit Unwissenheit und scheinbarer Willkür der Behörden, Schuld an der Situation. Deshalb gab es im deutschen Team arge Bedenken, was den Erfolg der Operation und auch die Sicherheit anging. So entschieden sich vier deutsche Teilnehmer dazu mit ihren persönlichen Gegenständen Kehrt zu machen und mit der Fähre zurück zu fahren, um schlussendlich die Teilnahme an der Operation zu beenden.
Wir waren einfach nur sauer, traurig über den Verlust der Hilfsgüter und genervt. Als sich dann aber gegen 21:00 Uhr das Tor geöffnet hatte, waren wir so erleichtert endlich fahren zu dürfen, dass wir uns entschieden eine riskante Nachtetappe von 380 km einzulegen, um etwas von der verlorenen Zeit gut zu machen. Gegen 02:30 Uhr haben wir einen Campingplatz in Mohammedia erreicht. Die Logistik war schwierig, die Luftfeuchtigkeit hoch und es gab leider nur jeweils eine Dusche für die Frauen und eine Dusche für die Männer. Wir waren aber so froh nun endlich auf der Reise zu sein, dass uns auch die wenigen 4h Schlaf und die geplante frühe Abfahrt nicht die Freude über die anstehenden Tage nehmen konnten.
Auch am nächsten Tag ging es erneut früh los, um die verlorene Zeit aufzuholen. Die Zeit und Etappenplanung war eigentlich realistisch, solange keine weitere Überraschung eintreten sollte. Und wie es der Zufall will, gab es diese Überraschung. Ein britischer Notarztwagen entschied sich dazu den Motor platzen zu lassen und uns so einen bösen Streich zu spielen. Stundenlang musste kurz vor Sonnenuntergang nach einer Lösung gesucht werden, wie es mit dem Auto weiter gehen kann. Die Stimmung wurde erneut auf eine Probe gestellt. Alle Bemühungen und Verhandlungen mit der örtlichen Werkstatt waren erfolglos und wir mussten schweren Herzens eins der Fahrzeuge zurücklassen. Die Sonne war mittlerweile untergegangen und wir hatten keine Wahl, als uns auch diese Nacht auf eine Nachtfahrt einlassen. Wir wurden dann nach 776 km auf einem Campingplatz von unserem Katalanischen RTW empfangen und konnten uns ein schwer umkämpftes Kaltgetränk sichern, um dann schließlich gegen 03:30 schlafen zu gehen. Dieses Mal gab es die Isomatte auf dem Boden in einem der Bungalows.
(Warten auf Neuigkeiten bzgl. des Volvos)
Aftissat war das Ziel der nächsten Etappe. In 557 km sei ein Fischerdorf in der Westsahara. Dort sei es möglich zu übernachten. Wir machten uns also auf und konnten, aufgrund der relativ kurzen Etappe, welche uns auf dem Weg direkt durch El Aaiun, die größte Stadt der Westsahara führte, eine kleine Pause machen. Dort haben wir uns in einem Restaurant endlich eine richtige Mahlzeit an einem Tisch gegönnt, um dann frisch gestärkt in Aftissat anzukommen. Dort hatte das lokale Militär, welches die Zufahrt des Fischerdorfes bewachte, jedoch dringend davon abgeraten mit dem Konvoi im Dorf zu übernachten und verweigerte uns die Einfahrt. Umdenken war erneut nötig. Es gelang uns mit dem Besitzer einer im Rohbau befindlichen Tankstelle zu verhandeln und uns schließlich dort niederzulassen. Die Zapfsäulen waren funktionsfähig, der Rest jedoch im Rohbau. Unser Konvoi hatte in der Zwischenzeit, auch nicht zuletzt wegen des zurückgelassenen Volvos, Aufsehen bei den Sicherheitsbehörden erregt. Der lokale Vorgesetzte der Polizei erschien vor Ort und erkundigte sich nach unserem Anliegen. Anschließend sicherte er uns für die Nacht zu, dass die Tankstelle und somit unser Nachtlager durch das Militär abgesichert werde. Wir konnten uns in den Rohbauten der Garagen Zelte aufbauen und uns anschließend zusammensetzen und den Tag in netter Runde beenden. Wir tauschten uns aus über das Erlebte und über die ersten Begegnungen mit Dromedar Kamelen.
Die nächsten zwei Tage waren entscheidend und kritisch für den weiteren Verlauf der Operation. Wir mussten Grenzen überqueren und mit den örtlichen Behörden verhandeln. Die Grenze zu Mauretanien war am Folgetag aufgrund der vorangeschrittenen Tageszeit heikel. Marokko bezeichnet die Westsahara als südliche Provinz und hat das Gebiet für sich beansprucht. Im Grenzgebiet zu Mauretanien gibt es jedoch eine demilitarisierte Pufferzone oder auch „freie Zone“. Dieses Gebiet ist mit einem Sandwall versehen und wird als meist durch Land- oder Panzerabwehrminen kontaminierter Fleck Erde bezeichnet. An dieser Stelle übertraten wir die Grenze, verließen die Westsahara und mussten die Pufferzone durchqueren, um dann an der Grenze zu Mauretanien einzureisen. Das letzte was wir also wollten war es, aus der Westsahara auszureisen und wegen des Grenzschlusses am Abend in der Pufferzone zu stranden. Nach der Durchquerung, viel Bürokratie und dem typischen Hin- und Her bei den Behörden hatten wir es dann geschafft. Die Grenze war überquert und wir fuhren zur Übernachtung weiter zum Treffpunkt. Die nächsten 633 km waren geschafft, wir hundemüde, hungrig und trotzdem froh, dass wir es geschafft haben.
Am nächsten Tag durchquerten wir Mauretanien an der Küstenseite und erreichten nach 684 km die senegalesische Grenze. Die hier natürliche Grenze durch den Fluss Senegal war im wahrsten Sinne eine Grenzerfahrung, welche einigen von uns zugesetzt hatte. Der Grenzübertritt nach Senegal ist hier nur mit einer Fähre möglich. Wir quälten uns durch die „Bürokratie“ und durften dann unser Glück versuchen unbeschadet auf die Fähre zu fahren. Dazu mussten die Fahrzeuge eine Rampe hinunter, durch das Wasser und anschließend auf die Fähre fahren. Wir verloren dabei nahezu das vordere Kennzeichen und beschädigten den Frontstoßfänger und den Unterbodenschutz. Nach der kurzen überfahrt befanden wir uns dann auf dem Zollgelände ein Rosso. Dort wurde die Bürokratie erneut zum Alptraum. Nachdem wir die erforderlichen Behördengänge erledigt hatten wurden wir auf ein „Sicherstellungsgelände“ des Zolls eskortiert. Dort durften wir nun versuchen unsere Nacht zu verbringen, da der Zoll uns nicht fahren lassen wollte. Dieser „Parkplatz“ war in direkten Worten ein großer, stinkender Matschhaufen, übersäht mit Müll, direkt am Fluss Senegal mit mehr Mücken als Sternen am Himmel, was natürlich praktisch ist, in einem Malaria Risiko-Gebiet. Wir haben versucht uns in die Fahrzeuge zu quetschen und uns mit Moskitonetzen die Mücken vom Hals zu halten. Die Hitze, gepaart mit der Luftfeuchtigkeit und den kämpfenden Straßenhunden gaben ebenfalls Abzüge in der späteren Bewertung des Komforts.
Der Morgen auf dem Zollparkplatz in Rosso.
Nachdem wir die Nacht überstanden hatten, war es das Ziel die Zollangelegenheiten zu klären und wieder auf die Straße zu kommen. Während den Verhandlungen mussten wir uns darum kümmern die festgefahrenen Fahrzeuge aus dem Schlamm zu bergen und uns abreisefertig zu machen. Als nach langem Warten endlich alles geklärt war, machten wir uns in das 440 km entfernte Kaolack auf. Dort gab es für uns nach 9 Tagen endlich die Aussicht auf ein Bett und eine eigene feste Dusche. Wir kamen abends im Hotel an, konnten es gar nicht fassen, waren überglücklich und bei den meisten schlich sich das Gefühl ein „Wir haben es geschafft. Morgen nur noch raus aus dem Senegal, und ab nach Banjul.“ Die Große Erleichterung gab es dann, als alle ihr Zimmer bezogen, sich geduscht und umgezogen hatten und wir das erste Mal gemeinsam im Hotel Restaurant gegessen hatten. Die Küche war geschlossen, erklärte sich jedoch bereit uns noch eine große Platte Pommes zu machen.
Am nächsten Morgen waren wir voller Vorfreude. Nachdem sich der Konvoi wieder gesammelt hatte ging es los zur Grenze. Der Grenzübertritt war im Gegensatz zu allen anderen Grenzen ein Kinderspiel. Wir wurden bereits freudig erwartet und wurden von der örtlichen Polizei empfangen Wir hatten es tatsächlich geschafft. Unglaubliche Freude machte sich breit und wir konnten mit Begleitung und Sondersignalen zum Fähranleger fahren. Dort haben wir uns im Konvoi eingereiht und auf die Fähre gewartet. Alle sind sich in die Arme gefallen, wir waren unfassbar Erleichtert und konnten feiern. Die gesamte Anspannung fiel von uns ab und wir hätten uns in diesem Moment zu den glücklichsten Menschen auf dem gesamten Kontinent gezählt. Die Weiterreise war „Formsache“ und wir konnten die Fahrzeuge sicher nach Banjul bringen.
In Banjul wurden an den darauffolgenden Tagen die verbliebenden Spendengüter an ihre Empfänger verteilt. Die Fahrzeuge wurden in bei einer offiziellen Veranstaltung, unter Begleitung von hoher Politik und diversen nationalen Fernsehkameras feierlich übergeben.
Zwischenzeitlich wurde uns auch eine politische Lösung für die beschlagnahmten Hilfsgüter zugesichert, sodass wir immer noch voller Hoffnung sind, dass die Gegenstände eines Tages Gambia erreichen werden.
Nach zwei Tagen Hotelaufenthalt konnte ich den Rückflug antreten. Ich habe in den zwei Tagen viele interessante Menschen kennengelernt. Der Ladenbesitzer eines kleinen Kiosks vor dem Hotel stellte mich seinen Freunden vor und wir verbrachten viele Stunden bei einem Bier am Strand und unterhielten uns über so ziemlich alle Themenbereiche des Lebens. Aus einem: „Hey, wo kommst du denn her und warum fahrt ihr mit den Autos nach Gambia?“, über Themen wie Musik, Politik, Kultur, Arbeit und Familie, wurde ein Gespräch unter Freunden. Wir konnten ein gegenseitiges Verständnis entwickeln für das Leben des anderen. Diese Eindrücke werde ich nie vergessen und bin für diese Erfahrungen unendlich dankbar.
Der Rückflug führte mich über zwei Tage zurück ins leider zu diesem Zeitpunkt sehr kalte Deutschland. Ich flog von Banjul nach Barcelona, von Barcelona nach Palma und von Palma nach Karlsruhe, um dann mit dem Auto wieder zurück in die Heimat zu fahren.
Durch die gemeinsam durchlebten Strapazen ist über die kurze Zeit aus Menschen mit verschiedener Heimat eine große Familie geworden. So hart und schwer die Zeiten auch waren, es gab immer ein Lächeln, einen dummen Spruch oder zumindest ein „It is, what it is!“, mit einem freundlichen Schulterklopfen. Wir passten aufeinander auf, erkundigten uns bei jedem Gespräch, „Wie geht es dir? Hast du getrunken? Hast du gegessen?“ Der Zusammenhalt, stets mit dem gemeinsamen Ziel vor Augen, war unglaublich. Auch wenn wir immer und immer wieder innerlich gezweifelt haben, ob wir das Missionsziel erfüllen können, haben wir uns gegenseitig am Laufen gehalten und motiviert. Wir stellten uns die Frage, würden wir es mit der Truppe nochmal machen? Die Antwort der meisten war sofort: „Jederzeit!“
Ich bin dankbar für die Unterstützung von allen Seiten. Ohne die Spenden von Freund*innen, Familie, Bekannten und Kolleg*innen, ohne die Zuschüsse der IPA und durch die behördliche Unterstützung in Form des Sonderurlaubes, hätte ich diese Erfahrungen nicht machen können und wäre nie Teil dieser wunderbaren Familie geworden.